Dr. Wolfgang Weydanz, Dr. Andreas Jossen: Moderne Akkumulatoren richtig einsetzen
"Modern" darf hier durchaus wörtlich genommen werden, denn dieses Buch ist erst Anfang
2006 erschienen.
Zu den Autoren:
Dr. Wolfgang Weydanz war unter anderem an der Entwicklung eines neuartigen
Lithium-Polymer-Systems beteiligt und managed derzeit die Forschungsabteilung der Firma Sanyo Component Europe, wo seine Hauptaufgaben die Entwicklung von neuen Materialien für
Lithium-Ionen Batterien sowie Technologiebewertung im Bereich Batterien und Brennstoffzellen sind.
Dr. Andreas Jossen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung
Baden-Württemberg (ZSW), leitet dort die Gruppe Batteriesystemtechnik und befaßt sich unter anderem mit neuartigen Lademethoden sowie Methoden zur Batteriezustandsbestimmung.
Man kann also davon ausgehen, daß diese beiden Autoren genau wissen, wovon sie schreiben.
Zum Inhalt:
Kapitel 1 beschäftigt sich auf 29 Seiten mit den Grundlagen aufladbarer und nicht aufladbarer Batterien. Auf die den
verschiedenen Technologien zugrunde liegenden Unterschiede wird hier nur flüchtig eingegangen, da diese in den drei
folgenden Kapiteln detailliert beschrieben werden. Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt auf technologieübergreifenden
Dingen wie Historie, prinzipieller Aufbau, Funktionsweise, thermisches Verhalten, Alterung, Wärmehaushalt, Kapazität oder auch Optimierung für bestimmte Anforderungen.
Die folgenden drei Kapitel bieten Informationen zu den drei heutzutage hauptsächlich eingesetzten Batteriearten, nämlich
Bleibatterien (28 Seiten), alkalische Batterien (NiCd / NiMH, 35 Seiten) und Lithiumbatterien (50 Seiten). Hier werden dem
Leser Geschichte, Anwendungen, Konstruktionsprinzipien, verwendete Materialien, Lade- und Entladeeigenschaften, Lagerung, häufig auftretende Probleme und vieles mehr nahegebracht.
Besonders hilfreich für Endanwender ist die Sektion am Ende jedes Kapitels, die stichwortartig die wichtigsten Punkte
wiedergibt, die man zur Erzielung einer langen Lebensdauer seiner Akkus beachten sollte.
Kapitel 5 widmet sich auf den nächsten acht Seiten dem Recycling von Batterien. Es birgt eine Reihe von Fakten und
Tabellen, die teilweise niederschmetternd sind. So erfährt man hier beispielsweise, daß von den im Jahr 2004 in
Deutschland in den Verkehr gebrachten dreiunddreißigtausend Tonnen Batterien nicht einmal ein Drittel dem Recycling
zugeführt wurde. Obwohl mittlerweile jedem bekannt sein dürfte, daß die meisten Batterien aus Umweltschutzgründen
nicht mehr über den Hausmüll entsorgt werden dürfen, landeten in diesem Jahr über zwanzigtausend Tonnen davon an
Orten, an denen sie nicht hätten entsorgt werden dürften. Das entspricht etwa dem Gewicht von zweiundzwanzigtausend
Autos vom Typ Golf 2, die (Stoßstange an Stoßstange hintereinander geparkt) fast neunzig Autobahnkilometer füllen würden.
Kapitel 6 befaßt sich auf den nächsten 50 Seiten mit der Batteriesystemtechnik, die das Bindeglied zwischen Batterie und
Anwendung darstellt. Sie umfaßt alle Aufgaben und Funktionen, die zum zuverlässigen Betrieb und zur Gewährleistung einer möglichst langen Lebensdauer von Batterien notwendig sind.
Hier finden sich z B. für die verschiedenen Batterietypen detaillierte Informationen zu Spannungs-, Lade-, Entlade- und
Temperaturüberwachung. Diverse bekannte und eine Reihe von weniger bekannten Ladeverfahren werden ausführlich
erklärt und deren Vor- und Nachteile erläutert. Hier wird auch immer wieder auf Laderegler-ICs verwiesen und diese kurz beschrieben.
Die letzten zehn Seiten dieses Kapitels widmen sich der Batteriezustandsbestimmung, d. h. der verschiedenen Verfahren zur
Gewinnung von verläßlichen Informationen über den Lade- und Alterungszustand einer Zelle.
Kapitel 7 geht auf den nächsten 20 Seiten auf das Prüfen von Batterien ein. Nachdem die meisten Hersteller in ihren
Datenblättern (so man denn überhaupt welche bekommt) oft eher wirklichkeitsfremde Werte angeben, ist eine genaue
Kenntnis der Eigenschaften von Zellen, die man kommerziell einzusetzen gedenkt, unumgänglich.
Meine eigene Erfahrung mit einem Laptop eines bekannten Herstellers, dessen Akkus sich so gar nicht mit der eingesetzten
Ladeschaltung vertragen mochten, haben mir die Notwendigkeit dieser Kenntnis einst laut und beeindruckend deutlich bewiesen.
Zu Beginn des Kapitels wird die niederschmetternd hohe Anzahl von nationalen und internationalen Normen erläutert, die
es im Bereich Batterien gibt, wobei im wesentlichen auf Prüf- und Sicherheitsnormen eingegangen wird. Danach werden
kurz Meßmethoden für Entladeeigenschaften, Selbstentladung, Verhalten nach Tiefentladung, Wirkungsgrad,
Leistungsdaten, Widerstand und sowie Impedanz erläutert. Besonders im Hinblick auf die Einflüsse der Impedanz gibt es
häufig Mißverständnisse, deshalb ist es sehr zu begrüßen, daß deren einzelne Effekte und ihr Unterschied zum Gleichstromwiderstand ausführlich behandelt werden.
Eine Vorstellung verschiedener Meß- und Prüfgeräte beschließt dieses Kapitel.
Das vorletzte Kapitel führt den Leser auf 17 Seiten in die Auslegung und das Design von Batteriepacks ein. Nach einer
generellen Betrachtung über den richtigen Zelltyp finden sich hier vor allem Informationen zu richtiger Dimensionierung
und richtigem Laden von zu einem Pack zusammengeschalteten Zellen, gefolgt von kurzen Erläuterungen vorgeschriebener Sicherheitstests sowie von Verpackungs- und Transportvorschriften.
Das 17 Seiten umfassende Kapitel 9 beschließt das Buch mit Informationen über andere Arten der Spannungsversorgung.
Hier werden vor allem Dünnschicht- und Brennstoffzellen sowie Kondensatoren beschrieben, gefolgt von (sehr kurzen) Ausflügen in den Bereich direkter, mechanischer oder thermischer Energiespeicherung.
Persönliche Bewertung:
Der Titel dieses Buches ist ein klein wenig irreführend. Obwohl es im Vergleich zu vielen anderen Büchern über dieses
Thema einen deutlich stärkeren Praxisbezug hat, war es das Ziel der Autoren, dem Leser nicht nur zu verdeutlichen, was
im praktischen Betrieb gut oder schlecht ist, sondern auch die hierfür verantwortlichen physikalischen und chemischen Gründe zu erläutern.
Die meisten Leser werden diese Strategie zu schätzen wissen. Wer jedoch einfach nur möglichst schnell wissen will, was er
tun muß, um seine gerade gekauften Akkus möglichst sicher und lange zu betreiben, findet diese Informationen zwar auch, aber nicht in kompakter Form, sondern verteilt über alle Kapitel.
Für Menschen jedoch, die bereits ein gewisses Grundwissen über Akkus haben und gerne mehr wissen wollen, ist dieses
Buch wie maßgeschneidert. Ich besitze nicht ein einziges Buch dieser Art, das dem Leser eine solche Fülle von
Informationen über die vier heutzutage überwiegend zu findenden Batterietechnologien anbietet, ohne dabei langweilig
und ermüdend zu wirken. Den Leser erwarten auf 284 Seiten immerhin (wenn ich mich nicht verzählt habe) 26
Schwarzweißfotos, 115 Formeln, 26 Tabellen, 104 Kurven und Diagramme sowie 86 sonstige Abbildungen. Das diese sich
bis auf wenige Ausnahmen stets auf der Seite befinden, wo sie im Text erwähnt werden, ist erfreulich, zeitsparend und bei weitem nicht der Normalfall.
Sehr interessant sind immer wieder die Beispiele aus der Praxis. Oder hätten Sie gewußt, daß sich die Oberfläche einer
Batterie der Größe Mignon, die nach Volladung mit 1A weitergeladen wird (was bei Billigladern durchaus vorkommen kann), auf über 100 Grad erwärmen muß, um die überflüssige Ladeenergie wieder loszuwerden?
Auch interessant z. B. die Tatsache, daß ein bei 40 Grad gelagerter NiMH Akku binnen vier Wochen fast drei Viertel seiner
Ladung durch Selbstentladung verliert. Der gleiche Akku, im Januar geladen und danach im Kühlschrank aufbewahrt, hätte erst im Oktober den gleichen Entladestand.
Der Index ist für die meisten Fälle ausreichend, könnte aber durchaus ausführlicher sein. So sucht man z. B. den im Buch
erwähnten Polyswitch (ein vielfach in Batteriepacks eingesetztes Schutzelement) vergeblich, ebenfalls fehlt der Begriff des
Pastierens. Auch Indexeinträge der verschiedenen im Buch beschriebenen Laderegler-ICs könnten dem Leser einiges an Zeit sparen.
Nachdem der ehrenwerte Beruf des Lektors heutzutage ausgestorben scheint (und weil ich ein elender Pedant bin), wurde
das Buch auch im Hinblick auf Schreib-, Druck- und Grammatikfehler einer kritischen Betrachtung unterzogen. Diese sind
zwar vorhanden (wobei die „Gefahr von Kurzschüssen“ auf Seite 77 mein absoluter Favorit ist), aber weder
überdurchschnittlich häufig noch sonderlich störend. Was den Lesefluß von Sprachpuristen dennoch hin und wieder stocken läßt, ist die eher eigenwillige Art der Kommasetzung bzw. -nichtsetzung.
Glücklicherweise erscheint dieses Buch in sehr kleinen Auflagen und kann daher kurzfristig aktualisiert werden. Ebendies
in der nächsten Auflage zu tun haben die Autoren zugesichert, so daß alle Kommas in Kürze dort und nur dort zu finden
sein dürften, wo sie hingehören. Abgesehen davon schmälert solch ein allenfalls kosmetisches Problem den hohen Nutzwert
dieses Buches nur sehr geringfügig. So geringfügig, daß es (das Buch, nicht das Problem) mittlerweile einen Platz in der vorderen Reihe meines Batteriebuch-Regals bekommen hat.
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